Die Funktion des Judotrainers ist eine Schlüsselposition im Verein und qualifizierte Judotrainer im schwach strukturierten ländlichen Raum findet man höchst selten, also ist der Sport-Club Sigmaringen gezwungen, seine Trainer selbst auszubilden. Leider ist die Fluktuation gerade in unserem ländlichen Raum sehr hoch, weil viele Trainer nach ihrer Schule oder Ausbildung ein Studium anfangen und dann dem Verein nicht mehr zur Verfügung stehen. Von daher ist eine kontinuierliche Ausbildung des Nachwuchses auch dann erforderlich, wenn die Trainersituation manchmal komfortabel erscheint.
Wie sieht also der Werdegang eines Trainers aus?
Ein Judoka kommt im Idealfall in der Grundschule mit dem Judo in Berührung. Er tritt im Alter von 6 - 9 Jahren in einen Judoverein ein und kann mit frühestens 7 Jahren seine erste Gürtelprüfung machen. Mit 12 Jahren hat er bis zu 5 Gürtelprüfungen absolviert und trägt den 5. Kyu, also den organgenen Gürtel. Der Judoka ist jetzt technisch ein ordentliches Stück fortgeschritten und kann nach 3 - 5 Jahren Training auch Wissen weitergeben.
Ist der Judoka darüber hinaus aufgeschlossen, zeigt Sozialkompetenz und charakterliche Eignung, wird er unter Anleitung eines Trainers Teilaufgaben übernehmen und jüngeren und unerfahrenen Schülern helfen. Das geschieht vorzugsweise in einer Trainingseinheit für Anfänger. Bei weiterhin positiver Entwicklung ernennt der Verein den Judoka zum Trainerassistenten und bescheinigt ihm damit die notwendige Kompetenz, unsere Trainer bei der Wahrnehmung ihres Ausbildungsauftrages zu unterstützen.
Wenn der Trainerassistent für die Dauer von einem Jahr dann seine weitere Zuverlässigkeit unter Beweis gestellt hat, beginnt der Judoka seine offizielle Ausbildung auf dem Weg zum Trainer im Württembergischen Judoverband. Jetzt ist er bereits 4 - 7 Jahre dem Judo verbunden und hat sich entsprechende Grundlagen erarbeiten können. Er wird über den Württembergischen-Judo-Verband (WJV) zum lizenzierten Sportassistenten für Judo ausgebildet, diese Ausbildung gliedert sich in 6 Ausbildungsblöcke. Hat der Judoka alle 6 Blöcke absolviert, erhält er vom WJV eine Lizenz. Der lizenzierte Sportassistent für Judo wird jetzt weiterhin im Training eingesetzt und bekommt eine feste Trainingseinheit zugewiesen, in welcher er einen Trainer unterstützt. Hier erarbeitet er auch Teilaufgaben und bereitet entsprechende Teile des Trainings vor.
Der lizenzierte Sportassistent reift weitere 1-2 Jahre mit dieser Aufgabe und hat mit 16 Jahren weitreichende Erfahrung gesammelt und weitere Prüfungen abgelegt. Ist die Entwicklung und die Zuverlässigkeit über einen Zeitraum von nunmehr 7 - 9 Jahren weiterhin positiv und ist der Judoka weiterhin hoch motiviert, dann steht ihm die Ausbildung zum Trainer offen. Der Sportassistent wird in den kommenden 2 Jahren Verantwortung für eine Gruppe oder Teilgruppe übernehmen und diese z.B. selbständig zur Gürtelprüfung führen und auch Trainer vertreten. Als Betreuer sammelt er Erfahrung beim "coaching" auf Wettkämpfen. Er übernimmt Verantwortung bei der Beaufsichtigung von Schülern auf Freizeiten und ist bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen und Wettkämpfen eingesetzt. Wenn die schulischen Leistungen gut sind, steht einer parallelen Schülermentorenausbildung nichts im Weg, sofern sich seine Schule im Bereich Kooperation Schule - Verein engagiert. Das dient der Vorbereitung auf die offizielle Trainerausbildung, die dann auch dem in seiner Persönlichkeit weiter gereiften Judoka offensteht.
Mit frühestens 17 Jahren beginnt der lizenzierte Sportassistent dann seine Ausbildung zum Judo-Lizenztrainer C für Breitensport.. Hierbei handelt es sich um eine dreiwöchige Ausbildung an der Landessportschule Albstadt in 3 Blöcken (Grundlehrgang - Aufbaulehrgang - Prüfungslehrgang), die mit einer umfangreichen staatlichen Prüfung im mehreren Teilen endet. Besteht der Judoka diese Prüfung, hat er die Qualifikation "Lizenztrainer C Breitensport" erreicht. Mit einer weiteren einwöchigen Ausbildung kann der Trainer frühestens mit 19 Jahren diese Lizenz noch zum Lizenztrainer Leistungssport erhöhen.
Mit dieser Ausbildung hat der Trainer einen Trainerschein erworben, der überall in Deutschland anerkannt ist. Der Verein erhält auch Zuschüsse beim Einsatz eines solchen qualifizierten Trainers.
Die Voraussetzungen für einen solchen Trainer sind:
bestandene Gürtelprüfung zum 1. Kyu (wird auf dem Lehrgang nochmals überprüft)
18 Jahre am Prüfungstag für die Lizenzstufe C Breitensport
19 Jahre für den Aufbaulehrgang zur Erweiterung der Lizenzstufe C Leistungssport
Erste-Hilfe-Ausbildung
Kampfrichter Grundlehrgang
Die Hürde die ein Jugendlicher und Heranwachsender nehmen muss, um lizenzierter Trainer zu werden, ist sehr hoch. Die Ausbildung ist mit keiner beruflichen Ausbildung zu vergleichen, zumindest nicht von der Dauer her. Jedes Jahr beginnen an der Landessportschule in Württemberg ca. 20 - 25 Judoka diese Ausbildung und nicht alle beenden diese erfolgreich. Ein Judoka, der diese Ausbildung durchlaufen hat, hat jedoch weit mehr als nur eine Lizenz erworben, die ihn befähigt ein Training konzeptionell zu planen und durchzuführen. Ein Judoka, der über einen Zeitraum von 10 Jahren sich so weit auf diesen anspruchsvollen Sport eingelassen hat, wurde auch für sein eigenes Leben und seine weitere Entwicklung entscheidend geprägt. Das Prinzip des lebenslangen Lernens hört auch im Judo mit dem Trainerschein nicht auf, denn dieser hat ein Verfalldatum nach 3 Jahren. Wer seine Trainerlizenz danach behalten möchte, muss sich fortbilden und Lizenzlehrgänge besuchen, damit auch das Wissen des Trainers aktuell bleibt. Die Basistechniken mögen gleich bleiben, aber die Erkenntnisse, wie z.B. in der Biomechanik, haben den Sport doch seit den Zeiten von Turnvater Jahn entscheidend verändert.
Der Sport-Club Sigmaringen hat in den vielen Jahren seines sportlichen Wirkens einige Trainer ausgebildet und eingesetzt. Stefan Riedinger, Sebastian Siemes, Sebastian Hotz, Claudio Gränitz, Christian Jauch, Matthias Meixner, Annika Koffer haben nach Joachim Hartenstein diese Ausbildung absolviert. Weitere Sportassistenten sind derzeit auf einem guten Weg dorthin.
Ein Wort zum "schwarzen Gürtel", nein er ersetzt nicht die Trainerausbildung. Selbstverständlich hat ein Judoka der den 1. DAN (Meistergraduierung) im Judo trägt, technisch viel erreicht, aber die Lehrbefähigung wird damit nicht automatisch erteilt. Anderseits kann ein Lizenztrainer nur das technische Niveau vermitteln, was er sich entsprechend angeeignet hat, die Trainerlizenz kann man mit dem 1. Kyu, also dem braunen Gürtel erwerben. Im Gegensatz zur Trainerlizenz wird der schwarze Gürtel auf Lebenszeit vergeben. Es sollte klar sein, dass der schwarze Gürtel etwas über den Qualitätsstandard des Trägers aussagen kann, aber nicht muss. Die gültige Trainerlizenz eines Trainers sagt grundsätzlich etwas über den Qualitätsstandard eines Vereins aus. Der Idealfall wäre dann also, dass der DAN-Träger zu seiner persönlichen technischen Graduierung auch noch die Qualifikation der Trainerlizenz erwirbt, was natürlich die Anforderungen an das persönliche Engagement eines Judoka noch einmal deutlich erhöht, denn auch die Anforderungen an eine DAN-Prüfung sind bereits hoch und machen ein sehr zeitintensives Training für sich selbst notwendig. Es ist kaum möglich in diesen entscheidenden Jahren DAN-Ausbildung und die Trainerausbildung mit den schulischen oder beruflichen Anforderungen (Abiturvorbereitungen, Schulabschluss oder Berufseinstieg) zu vereinbaren. Nach dem Abitur verhindert dann oft ein begonnenes Studium die Abwesentheit von 3 Wochen für die lizenzierte Trainerausbildung. Wer die Quadratur des Kreises dennoch hinbekommt, verdient Respekt.
Im Sport-Club Sigmaringen haben einen DAN erworben: Irina Heckmann, Friederike Majer und Alexander Heckmann. Diese 3
Sportler waren und sind seit mehreren Jahren als Vereinstrainer und Leistungssportler aktiv, haben in jungen Jahren mit dem Judosport begonnen und in verschiedenen Kadern und Ebenen bis hin in
der 1. Bundesliga gekämpft oder kämpfen noch immer aktiv. Gerade die aktiven Wettkämpfer haben ein aktuelles Wissen und setzen im Wettkampftraining Akzente. Eine Trainerlizenz und einen DAN hat
im Sport-Club bislang noch niemand erworben.
Wer sich für höhere Aufgaben berufen fühlt und semiprofessionelle oder professionelle Mannschaften trainieren möchte, könnte bei Eignung die Trainerlizenz B erwerben, oder danach sogar die Trainerlizenz A. Mit dieser Ausbildung macht man sein Hobby zum Beruf. Darüber hinaus gibt es noch den Diplomtrainer, der Trainer muss dafür jedoch Sport studieren.
Im Sport-Club Sigmaringen arbeiten die Trainer und Sportassistenten alle ehrenamtlich. Sie gehen einem Beruf nach, einer Ausbildung, sind in der Schule oder bei einem Studium. Sie erhalten für ihren hohen persönlichen Einsatz eine angemessene Aufwandsentschädigung. Die Praxis der letzten 20 Jahre hat gezeigt, dass derjenige der den Weg des Trainers im Dojo des Sport-Club Sigmaringen begonnen hat, auch seinen beruflichen Weg erfolgreich geht.
Die Trainerausbildung gleicht im Sport-Club Sigmaringen einem Staffellauf. Ist der eine Trainer ausgebildet, steht der nächste schon in den Startlöchern und übernimmt den Staffelstab. Der Sport-Club Sigmaringen erwartet von seinen Trainern und Sportassistenten viel Engagement, aber eine Gruppe zum Erfolg zu führen, an der Entwicklung eines jungen Talents Anteil zu haben ist der Gegenwert den der Trainer dafür primär erhält. Der Trainer im Sport-Club Sigmaringen ist also kein Beruf, aber eine Berufung.
Von daher hat jeder junge Judoka seinem Trainer und ihren vertretenden und eingesetzten Sportassistenten auch den notwendigen Respekt und Achtung entgegenzubringen, gemäß den Werten die für den Judosport gelten. Dafür braucht es im Sport-Club Sigmaringen keine autoritären Trainer, wohl aber solche mit Autorität.
Joachim F. Hartenstein
Leitender Trainer der Abteilung Judo